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Erinnerungskultur: Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gesucht!

Auf Podcast-Reihe zur Option folgt Bürgerbeteiligungsinitiative

Gehen oder bleiben: Die Option von 1939 ist eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Südtirols. Dazu haben Autonomy Experience, die Vereinigten Bühnen Bozen und das Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck einen Podcast produziert und Ende November vorgestellt. Darin geben Südtiroler Zeitzeuginnen und Zeitzeugen Einblicke in ihre Gefühlswelt und erzählen aus erster Hand von ihren Erinnerungen, während Fachleute historisches Hintergrundwissen beisteuern. Nun kann die Südtiroler Bevölkerung die Forschung unterstützen und einen Beitrag zur Südtiroler Erinnerungskultur leisten.

Eine Zeitzeugin erzählt von der Spaltung innerhalb der eigenen Familie: Während ihr Vater und ihre beiden Geschwister sich für die Option aussprachen, wollten sie und ihre Mutter Südtirol auf keinen Fall verlassen. Der Vater – das Familienoberhaupt entschied damals für die gesamte Familie – stimmte Ende Dezember 1939 für die Option. Ein Jahr später wurde die Zeitzeugin volljährig und entschied rückzuoptieren. „Die Leute im Dorf haben mich nicht mehr gegrüßt und getan, als würden sie mich nicht sehen. Das hat mich sehr gekränkt“, erinnert sie sich.

Das ist nur der Ausschnitt eines Interviews, das 2014 im Rahmen des Theaterprojekts „Option. Spuren der Erinnerung“ der Vereinigten Bühnen Bozen aufgenommen wurden. Damals besuchte das Regieteam zusammen mit Mitarbeiterinnen des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck mehr als 60 Südtiroler Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die sich auf einen Aufruf hin gemeldet hatten. Viele von ihnen erzählten zum ersten Mal über ihre traumatischen Erlebnisse; die Option hat Wunden hinterlassen, über die nach dem Krieg vielfach nicht mehr geredet wurde. Aus einer Auswahl dieser und zusätzlicher Interviews, die Mitarbeiter von Autonomy Experience 2020 aufgenommen haben, ist ein Podcast entstanden, der Ende November vorgestellt wurde.

Option. Stimmen der Erinnerung. Le Opzioni in Alto Adige/Südtirol


Der Podcast umfasst 14 Folgen in deutscher und italienischer Sprache, er ist auf Spotify und Apple Podcasts verfügbar. Neben den Erinnerungen und Erzählungen von Menschen, die diese Zeit miterlebt haben, liefern Fachleute historisches Hintergrundwissen. Derzeit sind sechs Folgen online, alle zwei Wochen wird eine neue Folge veröffentlicht.

Die Resonanz auf die Podcast-Reihe war so groß, dass nun eine Bürgerforschungsinitiative folgt.

Wir suchen Interessierte, die die Erfahrungen aus der Options-, Kriegs- oder Nachkriegszeit von Bekannten oder Verwandten in Eigenregie aufzeichnen und so für die Nachwelt festhalten.

Marc Röggla

Die Interviews werden vom Amt für Film und Medien aufbewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Außerdem sollen die Aufzeichnungen Forscherinnen und Forschern als wertvolle Quellen für zukünftige Projekte dienen.

Die Teilnahme an der Initiative ist einfach: Interessierte können sich für ein Erstgespräche an Autonomy Experience wenden, wo sie auch wertvolle Tipps für die Aufzeichnungen erhalten (E-Mail: info@autonomyexperience.org, Tel. 0471 055771). Für die Interviews reicht ein Mobiltelefon, bei Bedarf stellt das Amt für Film und Medien professionelle Aufnahmegeräte zur Verfügung.

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