Vielleicht ist jetzt endgültig das Zeitalter der Elektrofahrzeuge angebrochen: Seit zwei Jahren nimmt ihre Zahl stark zu, die Entwicklung der Branche ist den Vorhersagen voraus. Wann wurden Elektroautos erfunden? Sind sie zuverlässig? Wie umweltfreundlich sind sie wirklich? Wo steht Südtirol im nationalen und internationalen Vergleich?
- Elektroautos sind sehr teuer. Das Basismodell von Tesla kostet 50.000 Euro und selbst die kleinsten Modelle auf dem Markt kommen noch auf etwa 25.000. Wie sollen sie bei diesen Preisen eine umweltschonende Alternative für die Masse werden?
- Mit welchen Maßnahmen wird die Elektromobilität in Europa, Italien und Südtirol gefördert?
- Wann wurde das Elektroauto erfunden?
- Tesla wurde zum Inbegriff moderner Elektromobilität – wie hat das Unternehmen das geschafft?
- Wie funktioniert ein Elektroauto?
- Wie viele Elektrofahrzeuge sind derzeit in Umlauf? Wie sieht es in Südtirol aus?
- Die Werbung der großen Hersteller dreht sich vor allem um Elektroautos. Geht es den Firmen nur um ihr Image, oder ist tatsächlich eine Wende in Gang ?
- Sind Elektrofahrzeuge wirklich besser für die Umwelt?
- Ist die Leistung von Elektroautos mit der herkömmlicher Autos vergleichbar, vor allem in einem bergigen Gebiet wie Südtirol? Und wie steht es mit der Batterieautonomie?
- Welche Rolle können Elektrofahrzeuge im Güterverkehr spielen?
Contents
Das Dossier Elektromobilität als PDF-Download. Soweit nicht anders spezifiziert, bezieht dieses Dossier sich auf batteriebetriebene Elektroautos, nicht auf Hybride oder andere Arten.
Elektroautos sind sehr teuer. Das Basismodell von Tesla kostet 50.000 Euro und selbst die kleinsten Modelle auf dem Markt kommen noch auf etwa 25.000. Wie sollen sie bei diesen Preisen eine umweltschonende Alternative für die Masse werden?
In der Tat müssen die Preise sinken, und sie tun es auch. In Norwegen, wo im Jahr 2020 schon 54 Prozent der verkauften Autos einen reinen Elektroantrieb hatten, lautete die Devise: Ein Elektro-Golf darf nicht mehr kosten als ein fossil betriebener Golf. Um das zu erreichen, wird der Kauf von Elektroautos finanziell gefördert, gleichzeitig wurden die Steuern auf traditionelle Autos erhöht.
Auch die Hersteller wurden aktiv, und mehrere Studien sagen voraus, dass die Preise sich zwischen 2025 und 2030 angeglichen haben werden. Zwei Faktoren sind zentral:
— Batteriekosten. Die Batterie ist das Teuerste am Elektroauto, doch in den vergangenen zehn Jahren sind ihre Kosten dank technologischer Weiterentwicklung stark gesunken. Die magische Grenze liegt bei etwa 100 Dollar: Sobald es weniger als 100 Dollar kostet, eine Kilowattstunde Energie zu speichern, wird ein Elektroauto günstiger als ein Diesel- oder Benzinauto. Derzeit sind es 137 Dollar, 2011 waren es noch 899 Dollar.
Entwicklung der Batteriekosten
— Begrenzte Produktionszahlen bedeuten hohe Kosten. Steigt die Nachfrage, erhöht sich die Produktion und die Kosten sinken. Auch kommen dadurch zunehmend mehr Modelle auf den Markt, mit einer größeren Bandbreite an Preisen und Wahlmöglichkeiten für jedes Budget. 2018 waren auf dem Weltmarkt 60 Modelle verfügbar; 2025 werden es 300 Modelle sein, schätzt die angesehene europäische NGO Transport&Environment, die Forschung betreibt und für umweltfreundlichen Transport eintritt.
Mit welchen Maßnahmen wird die Elektromobilität in Europa, Italien und Südtirol gefördert?
Vor allem durch finanzielle Anreize. In Italien sehen die Haushaltsgesetze 2019 und 2021 für den Kauf von Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden (mit Verbrennungsmotor und Elektrobatterie, aufladbar an der Ladesäule) je nach CO₂-Emissionen einen Beitrag bis zu 8.000 Euro vor.
Beiträge für Private
Fahrzeuge mit einem Listenpreis unter 50.000 Euro (ohne Mwst.)CO₂-Emissionen | im Haushaltsgesetz 2019 Nr. 145/2018 vorgesehene Zuschüsse | im Haushaltsgesetz 2021 vorgesehene Zuschüsse | Zuschüsse insgesamt |
---|---|---|---|
0-21 g/km (Elektrofahrzeuge) | |||
Mit Verschrottung* | 6.000 Euro | 2.000 Euro | 8.000 Euro |
Ohne Verschrottung | 4.000 Euro | 1.000 Euro | 5.000 Euro |
21-60 g/km (Plug-in-Hybride) | |||
Mit Verschrottung* | 2.500 Euro | 2.000 Euro | Bis zu 4.500 Euro |
Ohne Verschrottung | 1.500 Euro | 1.000 Euro | Bis zu 2.500 Euro |
Haushaltsgesetzes 2021, Verschrottung von Autos der Klasse M1 unter Euro 6 und zugelassen vor dem 1. Januar 2011.
Beiträge für Unternehmen
Gesamtgewicht | Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb | Fahrzeuge mit Hybrid- oder alternativem Antrieb |
---|---|---|
0-1,999t - Mit Verschrottung | 4.000 Euro | 2.000 Euro |
0-1,999t - Ohne Verschrottung | 3.200 Euro | 1.200 Euro |
2-3,999t - Mit Verschrottung | 5.600 Euro | 2.800 Euro |
2-3,999t - Ohne Verschrottung | 4.800 Euro | 2.000 Euro |
2,3-3,5t - Mit Verschrottung | 8.000 Euro | 4.400 Euro |
2,3-3,5t - Ohne Verschrottung | 6.400 Euro | 2.800 Euro |
In Südtirol kann man mit staatlichem Beitrag, Landesförderung und Kofinanzierung am Ende bis zu 10.000 Euro unter dem Listenpreis liegen. Elektrofahrzeuge sind in den ersten fünf Jahren nach der Erstzulassung von der Autosteuer befreit. Ab dem sechsten Jahr beträgt die Steuer ein Viertel jener für die entsprechenden Benzinfahrzeuge. Hybride sind in den ersten drei Jahren von der Autosteuer befreit. Einige Gemeinden bieten zusätzliche Anreize: In Bozen zum Beispiel erhalten Besitzer von Elektrofahrzeugen einen Rabatt von 50 Euro im Jahr für die blauen (kostenpflichtigen) Parkplätze. Es fehlen jedoch nicht-finanzielle Anreize, etwa die Möglichkeit, Vorzugsspuren zu nutzen. Und vor allem fehlen abschreckende Maßnahmen für Autos mit Verbrennungsmotor. Die europäischen Vorgaben waren bislang nicht sonderlich streng, doch im Sommer 2021 verabschiedete die EU-Kommission ein Paket von Vorschlägen – „Fit for 55“ –, das unter anderem vorsieht, den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 vollständig zu verbieten.
Wann wurde das Elektroauto erfunden?
Die ersten Autos überhaupt, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, waren elektrisch. 1901 brachte Ferdinand Porsche das erste Hybridauto auf den Markt. Aber da Öl sehr billig war und Ford die Produktionskosten des berühmten benzinbetriebenen „Model T" senken konnte, setzten sich Verbrennungsmotoren durch und das Elektroauto verschwand. Churchill leitete endgültig das Ölzeitalter ein, als er 1911 die britische Flotte von Kohle auf Öl umstellte: Damals ging es ausschließlich um militärische Macht und geopolitische Überlegenheit (Lesetipp: Leonardo Maugeri, The Age of Oil). Heute befinden wir uns immer noch im Zeitalter des Öls, doch die Umweltbedenken wachsen. In Europa mangelt es seit 2000 nicht an Initiativen: So sollte der Smart nach dem ursprünglichen Plan des Schweizer Unternehmers Nikolas Hayek (mittlerweile verstorbener Uhrenkönig, der die Swatch erfand) ein Elektroauto sein; dann kaufte Mercedes die Idee, bevorzugte für das kleine Stadtauto aber traditionelle Motoren. Günther Schuh, Professor an der Technischen Hochschule Aachen, produzierte den Kleinwagen e.GO, und die Deutsche Post produzierte nach diversen Absagen etablierter Hersteller in einem Tochterunternehmen selbst Elektrofahrzeuge. Wie leider häufig war Europa Wegbereiter der neuen Technologie,hat mittlerweile jedoch mit starker Konkurrenz aus Asien und den USA zu kämpfen.
Tesla wurde zum Inbegriff moderner Elektromobilität – wie hat das Unternehmen das geschafft?
In den frühen 2000er Jahren, als Elektromobilität im Allgemeinen noch als exzentrische Spielerei betrachtet wurde, hatten die Gründer des Start-Ups zwei grundlegende Einsichten. — Design und Leistung. Autos dienen nicht nur der Fortbewegung, sondern sind auch Statussymbole. Um sich zu verkaufen, müssen Elektroautos schön und schnell sein. Tesla-Chef Elon Musk hat erzählt, dies sei ihm klar geworden, als er 2003 den Tzero testete: ein vollelektrisches Sportcoupé, von dem die amerikanische Firma AC Propulsion nur drei (gelbe) Exemplare produzierte; das Unternehmen stellte elektrische Verbindungen für „normale" Autos her und wollte mit diesem Prototyp sein Können unter Beweis stellen. Der kleine Tzero war sehr schnell und hatte ein aggressives Design – genau so sollten auch die Teslas sein.
— Umweltbewusstsein und Finanzen. Die ökologische Wende muss im Interesse des Marktes sein, sonst bleibt sie die idealistische Idee einer Minderheit. Teslas Aktien werden derzeit an der Börse höher gehandelt als die aller anderen Autohersteller. Das bedeutet nicht, dass das Unternehmen die wirtschaftliche Solidität der großen Automobilhersteller hat – tatsächlich verzeichnete die Bilanz erst 2020 erstmals Gewinne, nach 17 Jahren Aktivität. Doch Tesla ist es gelungen, den Markt in eine bestimmte Richtung zu drängen, und die historischen Akteure des Sektors sahen sich gezwungen, die Verfolgung aufzunehmen. Vor Jahren legte Tesla seine Pläne für Elektromotoren kostenlos offen; die Firma stellte dies als selbstlose Geste zur Rettung des Planeten dar, doch kann man es auch als Teil einer Strategie interpretieren, um sich in den Augen der Öffentlichkeit als die Avantgarde des Sektors zu positionieren (tatsächlich hält sich das Unternehmen heute mit Auskünften sehr zurück).
Wie funktioniert ein Elektroauto?
Die Funktionsweise ist einfach: — Die Batterie ist das Herzstück und wird oft unter dem Auto montiert; die neuen Batteriemodelle sind zunehmend langlebig. — Der Elektromotor ist praktisch unzerstörbar und sehr klein (Tesla montiert ihn an der Achse – unter der Haube befindet sich ein zweiter Kofferraum). — Es gibt nur wenige Zahnräder und bewegliche Teile. Gewartet werden müssen hauptsächlich Bremsen, Stoßdämpfer und Reifen, die Wartungskosten reduzieren sich um bis zu 50 Prozent. Kein Öl-, Kühlmittel- oder AdBlue-Wechsel mehr – die einzige verbleibende Flüssigkeit ist das Wischwasser zum Reinigen der Front- und Heckscheibe.
Wie viele Elektrofahrzeuge sind derzeit in Umlauf? Wie sieht es in Südtirol aus?
Bei Elektrobussen ist Asien klarer Spitzenreiter: 98 Prozent der Elektrobusse fahren in China, und auch bei den Autos sind die Zahlen sehr hoch. In Europa ist die Situation sehr unterschiedlich: Die nordischen Länder sind einen Schritt voraus, Italien gehört zu den Schlusslichtern.
Neu zugelassene Elektro-Pkw: Italien und Europa im Vergleich
In Italien gehört Südtirol zu den vielversprechendsten Regionen für den Ausbau der Elektromobilität. Eine Studie des Polytechnikum Mailand erstellte eine Rangliste anhand zweier Daten: Maximale Höhe der finanziellen Förderung und Zahl öffentlicher Ladepunkte. Trentino-Südtirol und das Aostatal liegen auf den ersten Plätzen.
Im Rahmen des Projekts Mobster gab Eurac Research 2020 eine Umfrage in Südtirol in Auftrag, die unter anderem die Bereitschaft zum Umstieg auf ein Elektroauto ermittelte. Unter den 500 in der Provinz ansässigen Befragten (Durchschnittsalter 51 Jahre, höhere Ausbildung, mit Kindern) sind Benzin- oder Dieselautos deutlich stärker verbreitet; fast niemand hat Erfahrungen mit einem Elektroauto, und die Mehrheit zweifelt, dass sie in den nächsten zehn Jahren ein solches anschaffen wird: 29 Prozent erklärten auf diese Frage „sicher nicht", 34 Prozent „wahrscheinlich nicht". Von Begeisterung kann also noch nicht die Rede sein; begründet wird die zögerliche Haltung mit den hohen Kosten und Zweifeln an der Batterieautonomie. Zwei Faktoren allerdings sind von Interesse: Jüngere Menschen sind offener für Veränderungen, und mehr als 60 Prozent der Autos in Betrieb sind älter als fünf Jahre. Wenn der Moment gekommen ist, sie auszutauschen, könnten sich die Gründe für die heutige Skepsis schon erledigt haben. Die Experten von Eurac Research haben verschiedene Entwicklungshypothesen geprüft: Basierend auf den schon eingetretenen Entwicklungen in anderen Ländern, könnten in Südtirol im Jahr 2025 bis zu 50 Prozent der neu verkauften Autos rein elektrisch sein.
Die Werbung der großen Hersteller dreht sich vor allem um Elektroautos. Geht es den Firmen nur um ihr Image, oder ist tatsächlich eine Wende in Gang ?
Oberflächlich betrachtet, passierte alles sehr schnell zwischen 2019 und 2020, doch tatsächlich bereitete sich der Wandel schon länger vor. Es sind wirtschaftliche Überlegungen, die die großen Autohersteller auf Elektroantrieb setzen lassen. Nach Jahren des Misstrauens ist jetzt vielleicht der Zeitpunkt gekommen, an dem eine Veränderung weniger riskant ist als das Festhalten am Alten.
— 2015 wurde bekannt, dass mehrere Autohersteller, allen voran Volkswagen, die Werte der CO₂-Emissionen ihrer Dieselfahrzeuge manipuliert hatten. Dieser von der Presse „Dieselgate“ getaufte Skandal hat das Vertrauen in den Dieselmotor untergraben.
— Mit mehr oder weniger großer Entschlossenheit stellen die Regierungen die Weichen für eine Zukunft, in der die Nutzung fossiler Brennstoffe zunehmend eingeschränkt wird, die traditionellen Geschäftsmodelle der Autohersteller also keinen Platz mehr haben.
— Die neue Generation Spitzenmanager in der Autoindustrie hat ein anderes Bewusstsein. Noch vor wenigen Jahren erteilte Sergio Marchionne in einer Rede in Rovereto der Elektromobilität eine Absage; der neue CEO von Fiat Chrysler, Michael Manley, fusionierte den Konzern mit dem französischen Hersteller PSA (zu dem auch Peugeot gehört) zur Gruppe Stellantis, die im Juli 2021 den vollständigen Umstieg auf Elektro ankündigte.
— Potenzielle Käufer sind zunehmend von der Umweltbewegung beeinflusst, und sowohl die Pandemie als auch häufigere Umweltkatastrophen könnten dies noch verstärkt haben.
2021 kündigten die großen Firmen Volkswagen, General Motors, Jaguar, Ford und Fiat an, innerhalb der nächsten fünf bis fünfzehn Jahre nur noch Elektroautos verkaufen zu wollen.
Sind Elektrofahrzeuge wirklich besser für die Umwelt?
Mit Sicherheit, wenn man die Emissionen des einzelnen Fahrzeugs betrachtet: Ein Elektroauto erzeugt lokal keine Emissionen. Eine Stadt, in der nur Elektrofahrzeuge unterwegs sind, ist eine Stadt ohne Lärm und Smog, und Maßnahmen wie wechselnde Fahrverbote je nach Autokennzeichen erübrigen sich. In Südtirol hätte ein Umstieg auf Elektromobilität starke Wirkung, denn der Verkehr ist hier laut einer Studie der Autonomen Provinz Bozen der größte Produzent von CO₂-Emissionen (Daten von 2017, Autonome Provinz Bozen, Umweltamt, KlimaLand Südtirol).
Ein Elektroauto würde beim Fahren selbst dann weniger Emissionen verursachen als ein Diesel- oder Benzinauto, wenn es fast ausschließlich mit Strom aus Kohlekraftwerken betrieben würde. Das liegt daran, dass Elektromotoren bei der Umwandlung von Energie in Bewegung drei- bis viermal effizienter sind als klassische Verbrennungsmotoren (der Energieverbrauch ist also geringer, und damit entstehen auch weniger Emissionen). Hinzu kommt, dass ein Elektroauto im Gegensatz zu einem Diesel- oder Benzinfahrzeug für seinen Betrieb nicht direkt fossile Rohstoffe verbrennt; es verbraucht sie nur indirekt und in geringerem Maß, wenn die für seinem Betrieb verwendete elektrische Energie aus fossilen und nicht aus erneuerbaren Quellen stammt. Auf jedem Fall verringern sich also die mit der Förderung und dem Transport von Öl verbundenen Risiken wie Tankerunglücke oder schwere Verkehrsunfälle.
Manchmal wird argumentiert, die Bilanz von Elektrofahrzeugen sei deutlich weniger umweltfreundlich, wenn man auch die indirekten Emissionen berücksichtigt, die beim Bau der Fahrzeuge und bei der Energieerzeugung für ihren Betrieb entstehen, aber das stimmt nicht ganz. Zwar ist richtig, dass es mehr Energie braucht – und also mehr Emissionen verursacht – , die Batterien eines Elektroautos herzustellen als ein Auto mit Verbrennungsmotor; doch weil Elektroautos, einmal im Einsatz, keine Emissionen mehr verursachen, gleicht sich dieser Unterschied wieder aus. Zudem sieht die Bilanz der Elektroautos umso besser aus, je mehr Energie aus erneuerbaren Quellen für ihren Bau oder Betrieb verwendet wird. Steigt nämlich der Anteil erneuerbarer Energien im Stromerzeugungsmix, sinken die indirekten Emissionen von Elektroautos, während die direkten Emissionen von Verbrennungsautos gleich bleiben. Auch die Emissionen bei der Herstellung von E-Autos reduzieren sich, wenn die dabei verwendete Energie zunehmend aus erneuerbaren Quellen stammt. Laut einer Studie der NGO „Transport & Environment“, bestätigt in einer Untersuchung der NGO International Council on Clean Transportation, verursachen Diesel- und Benzinautos bis zu dreimal mehr Emissionen als Elektroautos.
Die Emissionen eines Elektroautos und eines Autos mit Diesel- oder Benzinmotor im Vergleich: Im Durchschnitt reduzieren sich die Emissionen in Europa auf ein Drittel
Schließlich gilt zu bedenken, was nach Ende der Lebensdauer eines Fahrzeugs geschieht. Bei herkömmlichen Autos wird der Motor mitverschrottet. Im Falle eines Elektrofahrzeugs kann die Batterie ein „zweites Leben“ (second life) beginnen und als stationärer Speicher das Stromnetz unterstützen, indem sie aus nicht programmierbaren erneuerbaren Energien wie Wind oder Sonne gewonnenen Strom zwischenspeichert und bei Bedarf abgibt. Und nach jahrelangem Gebrauch kann die Batterie zu fast 100 Prozent recycelt werden, da die Materialien nicht „verbrannt“ wurden – was bedeutet, dass man weniger neue Rohstoffe braucht, um Batterien für die Elektrofahrzeuge der zweiten und dritten Generation herzustellen.
Ist die Leistung von Elektroautos mit der herkömmlicher Autos vergleichbar, vor allem in einem bergigen Gebiet wie Südtirol? Und wie steht es mit der Batterieautonomie?
Elektroautos sind im Durchschnitt leistungsstärker als konventionelle Autos. Wer sie ausprobiert, ist oft beeindruckt – oder sogar erschrocken – , nicht zuletzt, weil man Beschleunigung und Geschwindigkeit „nicht spürt": Selbst bei maximaler Beschleunigung ist der Motor leise und verursacht keine Vibration. Was die Angst betrifft, irgendwo liegen zu bleiben – die sogenannte „Reichweitenangst" – , so gibt es dafür in den meisten Fällen keinen rationalen Grund. Schon heute haben fast alle Elektroautos eine Autonomie von mindestens 200 km und bis zu 400 oder 500 km (mit Spitzenwerten bis 600 oder 650 km), also weit mehr als die 50 km, die in Italien im Durchschnitt am Tag gefahren werden, wie eine europäische Studie errechnet hat. Viele Studien zeigen zudem, dass das Aufladen meist zu Hause oder im Büro stattfindet (laut einer Umfrage der Europäischen Kommission sogar in 90 Prozent der Fälle), weil es fast nie nötig ist, unterwegs zu tanken. In Italien fehlt noch ein flächendeckendes und dichtes öffentliches Ladenetz, doch wird das Netz derzeit stark ausgebaut, auch auf den Autobahnen; Richtlinien dafür wurden von verschiedenen Seiten vorgeschlagen, zum Beispiel von MOTUS-E, einem italienischen Verband, der Forschungseinrichtungen und Unternehmen vereint. In Südtirol ist das Netz im Vergleich zu anderen Regionen sehr gut: Ende 2021 wird es fast 200 öffentliche Ladepunkte geben. Im Jahr 2020 ging eine Untersuchung von Eurac Research der Frage nach, ob der öffentliche Busdienst in Südtirol allein mit emissionsfreien Bussen (mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb) garantiert werden könnte. In einer 3D-Karte stellten die Forscher die Routen aller 235 Linien dar, mit Angabe der Entfernungen, Höhenunterschiede und Steigungen. Anschließend verglichen sie diese Daten mit den technischen Eigenschaften sämtlicher Elektro- und Wasserstoffbusse auf dem Markt. Vorläufiges Ergebnis: Mit geeigneten Modellen kann der Betrieb auf dem Großteil der Strecken auch unter den ungünstigsten Bedingungen garantiert werden, etwa wenn es gilt, an einem Schlechtwettertag im Winter eine Busladung voller Menschen einen steilen Hang hinauf zu befördern. In keinem Fall würde die benötigte Energie die maximale Batteriekapazität der derzeit leistungsstärksten Modelle auf dem Markt überschreiten. Auf etwa 80 Prozent der Strecken könnte der Dienst mit der gleichen Anzahl Busse abgedeckt werden. Auf den restlichen Strecken müssten sechs Prozent mehr Busse eingesetzt werden. Ein ähnliches Ergebnis ergab die Untersuchung in Bezug auf Wasserstoffbusse. Der öffentliche Busverkehr in Südtirol könnte also im Lauf der nächsten Jahre tatsächlich emissionsfrei werden.
Welche Rolle können Elektrofahrzeuge im Güterverkehr spielen?
Amazon hat 700 Millionen Dollar in die amerikanische Start-Up-Firma Rivian investiert und bei ihr gleich 100.000 Elektro-Transporter bestellt, UPS lässt sich vom britischen Start-Up Arrival 30.000 bauen. Um nicht erhebliche Marktanteile zu verlieren, wurden auch traditionelle Hersteller wie Ford aktiv. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass kleinere Transporte generell auf Elektro umgestellt werden. Bei gleichem Schadstoffausstoß sind Elektrofahrzeuge geräumiger. Für lange Strecken und große Fahrzeuge ist das Spiel noch offen, sowohl Elektro- wie Wasserstoff-Antrieb werden in Betracht gezogen. In Trient wird die Logistik der letzten Meile – also die Warenzustellung von peripheren Sammelpunkten ins Stadtzentrum – künftig mit Elektrofahrzeugen erfolgen. Das Projekt wurde von Eurac Research in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und Trentino Mobilità entwickelt, um Verkehr und Umweltverschmutzung zu reduzieren und die Lebensqualität im Zentrum zu verbessern (EU-Projekt Stardust).
Wissenschaftliche Publikationen
Eine laufend aktualisierte Publikationsliste von Eurac Research zum Thema findet sich im Bozen Institutional Archive (BIA).
Wichtige aktuelle Studien von Eurac Research zum Thema:
• Mobster - Von der EU gefördertes Projekt zu Elektromobilität und Tourismus in einem weiträumigen Gebiet zwischen Italien und der Schweiz
• EVA – Von der EU finanziertes Projekt zur Optimierung regionaler Infrastrukturen für den Übergang zu elektrischen und vernetzten autonomen Fahrzeugen
• Stardust – Von der EU finanziertes Projekt, um mehrerer Städte, darunter Trient, in Smart Cities zu verwandeln
Impressum
Autoren: Wolfram Sparber, Stefano Osti, Andrea Grotto, Roberto Vaccaro
Institut für Erneuerbare Energie
Texte und Redaktion: Valentina Bergonzi
Übersetzung: Barbara Baumgartner
Illustrationen: Oscar Diodoro
Graphik: Alessandra Stefanut