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Der Atem des Schnees
Neue Satellitentechnologie zur Überwachung der Wärmeleitfähigkeit von Schnee getestet
Vor ein paar Tagen überflog eine kleine Cessna mit verschiedenen Spektralsensoren an Bord – eine neue experimentelle Technologie – in zwei Runden das Schnalstal in Südtirol. Die neue Technologie misst den Wärmeaustausch zwischen Schnee und Luft. Entlang derselben Routen waren am Boden acht Teams positioniert, die unter der Leitung von Eurac Research die Höhe des Schnees maßen und ihn wogen, um den Schneetyp zu bestimmen. Ergibt die Analyse, dass der Sensor zuverlässig ist – dass seine Messungen mit den Stichproben am Boden übereinstimmen – , könnte er auf Satelliten installiert werden.
Seit Wochen gingen unzählige E-Mails hin und her: „Es gibt ein mögliches Zeitfenster nächste Woche“, „Abgesagt: Schlechtes Wetter im Anmarsch“, „Wir versuchen es noch einmal, sobald wieder schönes Wetter ist“. Dann, endlich, kommt eines Tages die Ankündigung: „Wir starten morgen.“ Und der Ton in den E-Mails ändert sich: Man schreibt, um die Ausrüstung, den Flugplan, die Sicherheitsvorkehrungen bis ins kleinste Detail durchzugehen.
Die erste Gruppe bricht am 4. April bei Tagesanbruch auf Tourenskiern auf.
Kurz darauf hebt eine kleine Cessna vom Flughafen in Trient ab. An Bord die Technologie, die getestet werden soll.
Der erste Flug erreicht das Tal gegen 7 Uhr morgens, der zweite gegen 13 Uhr. Im Zickzack überfliegt die Cessna das Gebiet jeweils rund 40 Minuten lang, in einer Höhe von 5.000 Metern. Vom Boden aus kann man nur einen Punkt sehen... hören kann man die Maschine wegen der starken Windböen kaum.
Warum zwei Flüge zu unterschiedlichen Zeiten?
Der zweimalige Überflug zu sehr unterschiedlicher Tageszeit ist für das Forschungsteam von entscheidender Bedeutung. „Bislang haben wir zur Überwachung des Schnees Satellitenbilder verwendet, die Eigenschaften wie Höhe und Dichte gemessen haben“, erklärt Carlo Marin, Fernerkundungsingenieur von Eurac Research; „diese neue, von der Universität Mailand-Bicocca entwickelte Technologie misst dagegen, wie der Schnee atmet, also den Wärmeaustausch zwischen Schnee und Luft. Aus diesen Informationen können wir Charakteristiken wie Dichte und Schneetyp ableiten. Deshalb haben wir einen Flug am frühen Morgen organisiert, wenn es am kältesten ist, und einen in den wärmeren Stunden des Tages, wenn die oberste Schicht des Schnees wegen der höheren Temperaturen und der Sonneneinstrahlung am wärmsten ist. Der Temperaturunterschied hängt damit zusammen, wie die verschiedenen Schneearten Wärme mit ihrer Umgebung austauschen. Die Bilder des Versuchssensor versprechen zudem eine sehr hohe Auflösung.“
„Diese neue Technologie misst, wie der Schnee atmet, also den Wärmeaustausch zwischen Schnee und Luft. Aus diesen Informationen können wir Charakteristiken wie Dichte und Schneetyp ableiten.“
Carlo Marin
Während die kleine Cessna zwölf Flüge entlang von Streifen absolviert, die in der Fachsprache „Transekte“ genannt werden, sind am Boden 22 Menschen in Stellung. Sie messen alle drei Meter die Höhe und das Gewicht des Schnees, um seine Dichte zu bestimmen, das heißt wie pulvrig oder feucht er ist.
Einige Messteams haben ihre Position nicht weit von den Aufstiegsanlagen, andere marschieren stundenlang mit Skiern, Fellen und Rucksäcken voller Ausrüstung durch den Schnee, um entlegene Punkte wie den Gipfel des Teufelsegg im Schatten der Weißkugel (3.738 m) zu erreichen. Ein Team wird von Technikern begleitet, die einen Sensor wie den im Flugzeug mit sich tragen, um ihn auch am Boden zu validieren.
In den kommenden Monaten wird das Forschungsteam die Messergebnisse vergleichen und bewerten, ob die Technologie hinreichend ausgereift ist, um eingesetzt zu werden. „Der Klimawandel macht Wasser zu einem immer knapperen und kostbareren Gut. Deshalb wird es immer wichtiger, die Schneemenge, vor allem in großen Höhen, möglichst genau zu berechnen, um besser abschätzen zu können, welche Wasserressourcen im Sommer zur Verfügung stehen; so können wir all jene unterstützen, die die verschiedenen Nutzungen des Wassers verwalten müssen“, schließt Marin.
Die Partner
Die Studie ist eine Zusammenarbeit zwischen Eurac Research, der Universität Mailand Bicocca und der Italienischen Raumfahrtagentur (ASI). Zahlreiche weitere Institutionen sind beteiligt, darunter das Amt für Hydrologie und Stauanlagen der Autonomen Provinz Bozen, der Forstdienst Naturns, die ARPA (Agenzia Regionale Protezione Ambiente) Aostatal und der nationale Forschungsrat (CNR IREA), im Rahmen des Projekts ASI SCIA (Entwicklung von Algorithmen zum Erforschen der Kryosphäre anhand von PrismA-Bildern); unterstützt wird die Untersuchung durch die Alpin Arena Schnals. Das Flugzeug kommt vom Forschungszentrum CzechGlobe in Brno.