Wie funktioniert ein Monitoring der biologischen Vielfalt?
Die Arbeit der Forscherinnen und Forscher in Bildern
2019 war der Startschuss eines groß angelegten Monitorings der Biodiversität, das Eurac Research im Auftrag des Landes in ganz Südtirol durchführt. Es handelt sich um ein italienweit einzigartiges Projekt, was den Umfang und die Vielfalt der beobachteten Lebensräume und Artengruppen betrifft. Aber was bedeutet es in der Praxis, die biologische Vielfalt eines Gebietes zu erheben?
Die Biodiversität zu erfassen und zu beobachten, bedeutet zur gleichen Zeit auch den „Gesundheitszustand“ eines Gebiets zu untersuchen. Die Informationen aus einem solchen Monitoring sind nicht nur für den Naturschutz wichtig, sie sind auch eine wichtige Datengrundlage, um politische Entscheidungen in vielen Bereichen unserer Gesellschaft zu treffen, zum Beispiel in der Raumplanung, dem Umweltschutz oder der Landwirtschaft.
Daten über die biologische Vielfalt zu erheben, geht jedoch alles andere als einfach und schnell. Das Forschungsteam überwacht 320 Standorte in terrestrischen Lebensräumen und 120 in aquatischen Habitaten in ganz Südtirol. Auf Südtirols Fläche von insgesamt 7.400 Quadratkilometern befindet sich eine unglaubliche Vielfalt an Lebensräumen – von steilen Hopfenbuchenwäldern bis hin zu Städten, von Maisäckern bis hin zu Gebirgsbächen, die das Forschungsteam untersucht.
Die Erhebungen, bei denen das Team neben den vorkommenden Arten noch eine Reihe anderer Informationen erfasst, werden mehrmals im Jahr über mehrere Jahre hinweg wiederholt. Auf diese Weise werden Daten gesammelt, die besonders nützlich sind, um den Zustand der Biodiversität eines Gebiets zu verstehen: Das sind Daten zum Vorkommen von Gefäßpflanzen, Tagfaltern, Vögeln, Fledermäusen, Moosen und Flechten, Heuschrecken, zur Süßwasserfauna, zu Käfern, Spinnen und anderen wirbellosen Tieren sowie zu Bodenparametern.
Die „Vermessung” der Natur
Die Herausforderung bei Monitoringprojekten besteht darin, über viele aufeinanderfolgende Jahre hinweg einheitliche Daten zu erhalten. Um den Status quo und in Folge auch die Entwicklungen eines Standorts festzustellen, braucht es große Mengen von Daten, die über einen langen Zeitraum gesammelt werden.
Es ist ein wenig wie in der Klimaforschung: Auch die aktuellen Klimaanalysen basieren auf Daten, die bis zu zwei Jahrhunderte zurückliegen – je länger die Zeitreihen, desto aussagekräftiger sind die Daten.
Bevor das Forschungsteam des Biodiversitätsmonitorings Südtirol mit den Erhebungen begann, recherchierte es zu den weltweit verwendeten Standards und Methoden und wählte die am weitesten verbreiteten und effektivsten aus. Dies ermöglicht auch einen Vergleich der Daten mit Datensätzen außerhalb unseres Landes.
Die erste wissenschaftliche Publikation
Was kann getan werden, um die Vielfalt der Vögel in den Alpen und anderen europäischen Gebirgsregionen zu erhalten? Es müssen Lösungen gewählt werden, die die kleinbäuerliche Landwirtschaft schützen und fördern, Praktiken, die einerseits ein Mosaik aus verschiedenen Landnutzungsformen fördern, andererseits geschlossene Waldgebiete nicht weiter öffnen. Zu diesem Schluss kommen die Autorinnen und Autoren des ersten wissenschaftlichen Artikels, der auf der Grundlage von Daten aus dem Biodiversitätsmonitoring Südtirol veröffentlicht wurde. Die Besonderheit der Studie liegt in ihrem Ansatz.
„Normalerweise konzentrieren wir uns auf eine einzige Art oder einen einzigen Lebensraumtyp“, erklärt der Ornithologe Matteo Anderle, Erstautor der Studie. „In diesem Fall haben wir die Vielfalt der gesamten Vogelgemeinschaft in den repräsentativsten Lebensräumen der Alpen untersucht. Wir haben die einzelnen Vögel an Forschungsstandorten gezählt, die über ein Gebiet von etwa 7.400 Quadratkilometern verteilt waren, und haben die Arten bestimmt und die charakteristischen funktionellen Merkmale – abhängig von der jeweiligen Landschaft, den topoklimatischen Merkmalen (wie Höhe und Durchschnittstemperatur) und der Art der Landnutzung. Darüber hinaus haben wir insbesondere die Arten auf der Roten Liste (also gefährdete Arten) Südtirols unter die Lupe genommen. Wir wollten wissen, wie verschiedene Merkmale unserer Umwelt das Vorkommen von gefährdeten Arten fördern oder aber verhindern.“
Der Artikel kann hier in voller Länge im Fachjournal „Oecologia” gelesen werden.