Elektromobilität: Die Wende hat begonnen
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Elektromobilität: Die Wende hat begonnen
Technologie, Finanzen, Politik: Ein neues Dossier von Eurac Research fasst die aktuellsten Entwicklungen und den Stand der Forschung zusammen
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Im Juli schlug die EU-Kommission ein Verkaufsverbot für Diesel- und Benzinautos ab 2035 vor. Dies löste überraschte, wenn nicht gar alarmierte Reaktionen aus, doch laut den Forschern von Eurac Research hat die endgültige Wende hin zur Elektromobilität schon begonnen. In den vergangenen zwei Jahren sind die Verkaufszahlen stark angestiegen, die Entwicklung des Sektors ist den Vorhersagen voraus. Zwischen 2019 und 2020 allein hat sich in Italien der Anteil batteriebetriebener Elektroautos an der Gesamtzahl zugelassener Autos fast vervierfacht, von 0,6 auf 2,3 Prozent. So niedrig diese Zahlen noch sind, sie zeigen doch, wie schnell die Entwicklung selbst in einem Land ist, das anderen europäischen Staaten hinterherhinkt (in Norwegen etwa haben schon heute mehr als die Hälfte der jährlich verkauften Neuwagen einen reinen Elektroantrieb). Dabei spielen technologischer Fortschritt und sinkende Kosten ebenso eine Rolle wie die strategischen Entscheidungen von Regierungen und Autoherstellern. Seit wann gibt es Elektroautos? Sind sie zuverlässig? Wie umweltfreundlich sind sie tatsächlich? Sind sie im Güterverkehr einsetzbar? Wo steht Südtirol im nationalen und internationalen Vergleich? Ein Dossier von Eurac Research, publiziert im Online-Magazin des Forschungszentrums, beantwortet diese und andere Fragen mit Hilfe von Infografiken und einer Zeitleiste knapp und prägnant.
Elektromobilität ist keine neue Erfindung: Im Jahr 1900 fuhren 38 Prozent der Autos in den USA mit Strom. Das erste Fahrzeug überhaupt, das sich ohne Muskelkraft fortbewegte, war ein Elektrofahrzeug – konstruiert 1832 in Schottland, 33 Jahre vor den ersten Autos mit Verbrennungsmotor. Dass die Entwicklung in den 1930er Jahren dann eine andere Richtung nahm, lag an den niedrigen Ölpreisen und den Fließbändern von Ford. Heute zeichnet sich eine Rückkehr zu den Anfängen ab. In den vergangenen Monaten kündigten die großen Autohersteller Volkswagen, General Motors, Fiat, Ford und Jaguar an, im Lauf der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre vollständig auf Elektroautos umsteigen zu wollen. „Tesla hat als erstes Unternehmen zwei wichtige Dinge erkannt: Um Erfolg zu haben, müssen Elektroautos schön und schnell sein, und die ökologische Wende muss sich mit dem Interesse des Marktes verbinden, sonst bleibt sie die idealistische Idee einer Minderheit“, erklärt Wolfram Sparber, Leiter des Instituts für Erneuerbare Energie von Eurac Research und Mitautor des Dossiers. „Inzwischen halten offenbar selbst die lange skeptischen großen Hersteller eine Veränderung für weniger riskant als das Festhalten am Alten. Dieser Sinneswandel ist scheinbar plötzlich eingetreten, in Wahrheit aber das Ergebnis langer und sorgfältiger wirtschaftlicher Analysen.“
Das Umweltbewusstsein nimmt zu, und immer mehr Regierungen verfolgen eine Politik, die den traditionellen Autoherstellern eine schwierige Zukunft mit höherer Besteuerung und zunehmenden Einschränkungen verheißt. Dazu kommt, dass die Technologie sich beständig weiterentwickelt.
Der Elektromotor an sich ist einfach und pflegeleicht; eine Reihe von Flüssigkeiten, die bei herkömmlichen Autos regelmäßig gewechselt werden müssen, fallen weg, und die Wartungskosten reduzieren sich erheblich. Das Leistungsniveau ist hoch. 2020 kartierten Forscher von Eurac Research in einer Studie zum öffentlichen Busverkehr in Südtirol die Routen aller 235 Linien, mit Angabe der Entfernungen, Höhenunterschiede und Steigungen; Ergebnis der Untersuchung: Auf dem Großteil der Strecken können emissionsfreie Busse (mit Strom oder mit Wasserstoff betrieben) bei Wahl geeigneter Modelle den Betrieb auch unter ungünstigsten Bedingungen garantieren, etwa wenn es gilt, an einem Schlechtwettertag im Winter eine Busladung voller Menschen einen steilen Hang hinauf zu befördern.
Spielraum für technische Verbesserungen besteht vor allem bei den Batterien. Schon heute ist die Angst, irgendwo liegen zu bleiben – die sogenannte „Reichweitenangst“ – im Allgemeinen unbegründet. Durchschnittlich haben die Fahrzeuge eine Autonomie von 200 bis 400 oder 500 Kilometern, also deutlich über den 50 Kilometern, die einer europäischen Studie zufolge im Schnitt täglich gefahren werden. Immer mehr Modelle erreichen sogar eine Autonomie von 600 bis 650 Kilometern.
Auch die Kosten sinken: Die Batteriepreise sind seit 2011 um 75 Prozent gefallen. Sobald es weniger als etwa 100 Dollar kostet, eine Kilowattstunde Energie zu speichern, ist ein Elektroauto günstiger als ein Diesel- oder Benzinauto; 2020 waren es 135 Dollar.
Der Preis ist immer noch das, was die meisten vom Kauf eines Elektroautos abhält; allerdings kann man in Südtirol, wo die staatlichen Zuschüsse durch Beiträge der Provinz aufgestockt werden, am Ende bis zu 10.000 Euro unter dem Listenpreis liegen. In einer Untersuchung von Eurac Research im Jahr 2020, mit 500 in Südtirol ansässigen Befragten, bezweifelte die Mehrheit, dass sie sich in den nächsten zehn Jahren ein Elektroauto kaufen wird (29 Prozent erklärten „auf keinen Fall“ und 34 Prozent „wahrscheinlich nicht“); als Grund für die Skepsis wurden vor allem die hohen Kosten und Zweifel an der Autonomie genannt.
„Von Enthusiasmus kann man also nicht sprechen, doch stehen junge Menschen Veränderungen offener gegenüber, und über zwei Drittel der Autoflotte sind relativ alt: Zum Zeitpunkt des nächsten Kaufs haben sich Aspekte, die heute noch für Skepsis sorgen, wahrscheinlich schon gelöst“, erklärt Sparber. „Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt: Bereits 2025 könnten 50 Prozent der in Südtirol verkauften Autos einen reinen Elektroantrieb haben".
Lokal betrachtet, liegen die ökologischen Vorteile auf der Hand, vor allem in Großstädten oder in einem Gebiet wie Südtirol, wo der Verkehr der größte Verursacher von CO₂-Emissionen ist: Elektrofahrzeuge erzeugen keine Emissionen, es entstehen keine Abgase und kein Smog. Zu berücksichtigen sind jedoch auch die Emissionen, die bei der Produktion der Autos – und der Batterien – und der Erzeugung des Stroms für ihren Betrieb entstehen. In einer übersichtlichen Infografik stellt das Dossier die Ergebnisse einer Studie dar, wonach unter Berücksichtigung aller indirekten Emissionen ein Elektroauto in Europa im Durchschnitt nur ein Drittel der Emissionen eines herkömmlichen Autos erzeugt. In Schweden, wo ein großer Teil des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen stammt, reduzieren sich die Emissionen sogar noch stärker; in Italien, wo der Strommix nicht so umweltfreundlich ist, ist der Vorteil geringer.
Das Dossier ist im Online-Magazin von Eurac Research und als PDF-Download verfügbar: https://www.eurac.edu/de/dossiers/dossier-elektromobilitaet
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