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Auf dem Weg zum K2
Acht Alpinistinnen bereiten sich darauf vor, den zweithöchsten Berg der Erde zu bezwingen – Eurac Research untersucht ihre Physiologie
Die Alpinistin Silvia Loreggian bei einem der zahlreichen medizinischen Tests, mit denen ihre physiologische Reaktion auf die Höhe untersucht wird.
Credit: Eurac Research | Andrea De Giovanni
Siebzig Jahre nach der Erstbesteigung machen sich acht Bergsteigerinnen – vier Italienerinnen und vier Pakistanerinnen – auf den Weg zum zweithöchsten Gipfel der Welt. An der Initiative des Italienischen Alpenvereins CAI ist das Institut für Alpine Notfallmedizin von Eurac Research beteiligt. Die Alpinistinnen haben eine Reihe von Voruntersuchungen in unserem Extremklimasimulator terraXcube absolviert. Nach ihrer Expedition werden sie für eine weitere Testserie hierher zurückkehren. Ziel der Forschung ist es, die Physiologie von Frauen vor und nach dem Aufenthalt in großer Höhe zu untersuchen.
Der Mensch ist nicht dafür geeignet, oberhalb einer bestimmten Meereshöhe zu leben, weil die mit zunehmender Höhe immer dünner werdende Luft die Sauerstoffversorgung der Körpergewebe erschwert.
Höhe und Hypoxie
Die Luft über uns übt auf jede Oberfläche einen bestimmten Druck aus, den Atmosphärendruck. Mit zunehmender Höhe nimmt die Luftmenge über uns ab, und damit sinkt auch der atmosphärische Druck. Ebenso nimmt der Druck ab, den die einzelnen Gase erzeugen, aus denen die Luft zusammengesetzt ist: etwa der Sauerstoff. Auf dem Gipfel des Mont Blanc, in einer Höhe von 4.807 Metern, ist dieser sogenannte Sauerstoffpartialdruck etwas mehr als halb so hoch wie auf Meereshöhe. Oberhalb von 8.000 Metern gelangt man in die so genannte „Todeszone“, in der der Sauerstoffpartialdruck so niedrig ist, dass man nur für ein paar Stunden überleben kann. Je kleiner der Sauerstoffdruck in der Luft ist, desto schwieriger ist es für den Sauerstoff, über die Lunge ins Blut zu gelangen. Eine schlechte Sauerstoffversorgung des Blutes führt zu einer schlechten Sauerstoffversorgung anderer Gewebe, ein Zustand, der als "Hypoxie" bezeichnet wird.
Der Sauerstoffmangel löst eine Reihe physiologischer Mechanismen aus, darunter eine erhöhte Herz- und Atemfrequenz, eine Erweiterung der Blutgefäße in Gehirn und Muskeln und eine Verengung der Lungengefäße. Diese physiologischen Veränderungen kompensieren vorübergehend den Sauerstoffmangel im Gewebe, aber die Symptome der so genannten „akuten Höhenkrankheit“ können dennoch ausgelöst werden. Der Aufenthalt in großer Höhe ohne Akklimatisierung – bei der der Körper Zeit hatte, sich an die Hypoxie anzupassen – kann Kopfschmerzen, Übelkeit, Schlaflosigkeit, Schlafapnoe und in den schwersten Fällen sogar Halluzinationen sowie Lungen- und Hirnödeme mit sich bringen.
Das meiste, das über die Auswirkungen großer Höhen auf den menschlichen Körper bekannt ist, stammt aus Studien mit ausschließlich männlichen Probanden.
Das meiste, das über die Auswirkungen großer Höhen auf den menschlichen Körper bekannt ist, stammt aus Studien mit ausschließlich männlichen Probanden. Daten über die Physiologie von Frauen in großen Höhen sind dürftig. Das ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass Frauen seit dem Beginn des modernen Alpinismus Berge besteigen. Und da nur wenige Daten vorliegen, ist es schwierig, spezifische medizinische Empfehlungen für Bergsteigerinnen zu geben. In diesem Sinne ist die Frauen-Expedition zum K2, die der italienische Alpenverein anlässlich des 70. Jahrestages der Erstbesteigung des Gipfels organisiert, eine wertvolle Gelegenheit für die Forschung.
Die Frauen-Expedition zum K2 ist eine wertvolle Gelegenheit für die Forschung.
Die acht italienischen und pakistanischen Bergsteigerinnen, die an der Expedition teilnehmen, machten im terraXcube Station. Unter der Leitung eines Forschungsteams des Instituts für Alpine Notfallmedizin von Eurac Research und des Centro di Ricerca „Sport, Montagna e Salute“ (CeRiSM) aus Rovereto, des Italienischen Alpenvereins CAI und des Instituts für klinische Physiologie des CNR wurden die Alpinistinnen einer Reihe von medizinischen Tests unterzogen. Diese wurden sowohl auf der Höhe von Bozen als auch in der simulierten Höhe von 5.000 Metern durchgeführt, auf der sich auch das K2-Basislager befindet. Zu den Untersuchungen gehörten verschiedene Tests und Analysen, um die Herz-Kreislauf- und Atemfunktion in Ruhe und bei Belastung (wie Ultraschalluntersuchungen und Spiroergometrie) zu erfassen sowie die Gehirnfunktion und computergestützte kognitive Tests. Bei letzteren wurden die Reaktionsgeschwindigkeit, das Kurzzeitgedächtnis und die Fähigkeit, visuell-räumliche Informationen zu verarbeiten, untersucht.
Im Juni werden die Alpinistinnen nach Pakistan fliegen und, nachdem sie sich akklimatisiert haben, in der zweiten Julihälfte den Gipfel besteigen. Am Ende ihrer Expedition werden sie zum terraXcube zurückkehren, um die durchgeführten Tests zu wiederholen. Bei ihrer Rückkehr werden sie so akklimatisiert sein, dass sie sich einer simulierten Höhe von über 8.000 Metern ohne zusätzlichen Sauerstoff aussetzen können. Der Vergleich der Ergebnisse der vor der Abreise durchgeführten Experimente mit den Ergebnissen danach wird Aufschluss über die Funktionsweise des weiblichen Organismus in extremen Höhen geben – ein wichtiger Beitrag, um geschlechtsspezifischen Ungleichheiten im biomedizinischen Bereich entgegenzuwirken.
Federica Mingolla, Silvia Loreggian, Anna Torretta und Cristina Piolini, die vier italienischen Alpinistinnen, die an der Expedition teilnehmen, geben uns einen Einblick in die Welt des Extrembergsteigens.
Die Expeditionsärztin Lorenza Pratali und der Leiter des Instituts für Alpine Notfallmedizin Giacomo Strapazzon berichten über die Physiologie des menschlichen Körpers in extremer Höhe.