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Bozen 2030: eine Stadt, die über ihre Komplexität und ihre Grenzen hinausblickt
Das Forschungsprojekt „Bozen in Bewegung“: ein wertvolles Instrument für die Stadtentwicklung, ausgehend von den Menschen, die heute hier leben, arbeiten und zu Gast sind
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Eine starke, gelebte urbane Identität, die von vielen geteilt wird, fördert nicht nur das Zugehörigkeitsgefühl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner, sondern macht eine Stadt auch für jene attraktiv, die dort arbeiten oder zu Gast sind. Die urbane Identität ist eine wertvolle Ressource, die insbesondere der öffentlichen Verwaltung Inspiration und Leitgedanke sein kann, wenn es darum geht, neue Entwicklungen im Stadtgebiet auf den Weg zu bringen. Die Stadtgemeinde Bozen hat Eurac Research daher mit der Aufgabe betraut, eine Vision für die Stadt Bozen im Jahr 2030 zu erarbeiten. Das Ergebnis des Forschungsprojektes „Bozen in Bewegung“ wurde am Freitag, 11. Juni von den Forschern von Eurac Research und den Vertretern der Stadtgemeinde vorgestellt.
Die urbane Identität Bozens stützt sich auf die Eindrücke jener, die in der Stadt leben, dort arbeiten oder sie besuchen. Sie umfasst zehn Punkte, die in der abschließenden Publikation detailliert beschrieben werden. Bozen präsentiert sich darin als Stadt der komplexen Gleichgewichte: Die Kontraste zwischen Moderne und Tradition, dem historischen Zentrum und den Stadtvierteln, urbaner Eleganz sowie den Bergen und der Natur zeichnen die Landeshauptstadt aus. In Bozen florieren verschiedenste Wirtschaftssektoren, wobei der Tourismus eine führende Rolle spielt, wenn auch mit einer anderen Dynamik als im Rest des Landes. Aufgrund der soziodemografischen Besonderheiten der Stadt unterscheiden sich ihre Bedürfnisse mitunter stark von jenen der umliegenden Gebiete.
Eine Identitätskarte für die Stadt Bozen
Um eine städtische Identitätskarte zu erstellen, haben die Expertinnen und Experten von Eurac Research Einwohner, Pendler und Touristen in den Forschungsprozess mit eingebunden. Ihre Meinungen wurden bei Workshops und Diskussionsrunden in den Stadtteilen sowie mittels Fragebögen eingeholt, die über eine speziell für das Projekt entwickelte App ausgefüllt werden konnten. Aus den gesammelten Daten und in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung erarbeiteten die Forscher schließlich eine Zukunftsvision für die Stadt Bozen im Jahr 2030: eine Stadt, die es versteht, mit ihrer Komplexität umzugehen, die sich von ihrer vielfältigen Identität nicht lähmen lässt, sondern in der Lage ist, schnell und dynamisch auf Veränderungen zu reagieren und Entscheidungen umzusetzen. Das Ziel: „Bozen, die ausgewogenste und dynamischste Stadt Europas“.
„Eine Vision ist ein abstraktes Konzept, ein Ziel, dem es sich anzunähern gilt. Die Vision für Bozen im Jahr 2030 ist letztendlich wie ein Kompass zu verstehen. Damit haben wir die Idealvorstellung einer Stadt vor Augen, die nicht nur auf sich selbst fokussiert, sondern in der Lage ist, Hindernisse zu überwinden, indem sie in die Zukunft blickt – über ihre Grenzen hinaus. Eine Stadt, die dank zielorientierter Entscheidungsprozesse und eines kontinuierlichen Dialogs mit Bürgern, Wirtschaftssektoren und anderen Institutionen in der Lage ist, auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren“, betont Harald Pechlaner, Leiter des Center for Advanced Studies von Eurac Research.
Bozen blickt voraus
Um diese Vision zu erreichen, haben die Forscherinnen und Forscher im Auftrag der Stadtgemeinde ein Leitbild – „Bozen blickt voraus“ – entwickelt, welches konkrete Strategien und Maßnahmen für die zukünftige Stadtentwicklung umfasst. Dank einer besseren autofreien Erreichbarkeit Bozens oder der Nutzung grüner Liefersysteme könnte etwa die Mobilität erhöht, der Verkehr gleichzeitig reduziert werden. Um die Attraktivität der Peripherie zu steigern, werden innovative Konzepte wie jenes des „Albergo diffuso“ oder eine Stärkung des Handels in den Stadtvierteln vorgeschlagen. Ein weiterer wichtiger Hebel für die urbane Entwicklung ist nach Ansicht der Experten von Eurac Research die Aufwertung von Kultur und Erinnerung. Die konstruktive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit durch Historisierung oder Schaffung neuer Erinnerungswege wird hervorgehoben. Durch die Einbindung lokaler Kunst- und Kulturschaffenden können sich diese Maßnahmen insgesamt positiv auf die Wirtschaft und das Wohlbefinden auswirken.
„Es gibt nicht den einen geraden Weg in der Stadtentwicklung. Um die Vision einer Stadt real werden zu lassen, ist die Kombination verschiedener Maßnahmen entscheidend. Deshalb haben wir die Stadträte ermutigt, eng und sektorenübergreifend zusammenzuarbeiten“, unterstreicht Anna Scuttari, Projektleiterin und Forscherin am Center for Advanced Studies von Eurac Research. „Dieses Projekt hat auf die Stimmen vieler Menschen gehört und mit dem Input der Forschung mehrere Schlüsselthemen für die zukünftige Entwicklung Bozens identifiziert. Auch auf Empfehlung des Bürgermeisters werden wir uns mit den zahlreichen Inputs vertieft auseinandersetzen und versuchen, diese in die kommunalen Entwicklungspläne zu integrieren“, betont Johanna Ramoser, Stadträtin für Schule, Wirtschaft, Tourismus und Stadtmarketing.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts von Eurac Research wurden dem Stadtrat bereits am Montag, 7. Juni, vorgestellt. Der Forschungsbericht ist als PDF verfügbar: