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Center for Advanced Studies - News & Events - Understanding Globalization: Wer hat Zugang zu globalem Wissen?

26 Juni 24

Understanding Globalization: Wer hat Zugang zu globalem Wissen?

Die 4. Ausgabe der Reihe „Understanding Globalization“ beleuchtet die Produktion und Verbreitung von Wissen in einer globalisierten Welt

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Wer produziert globales Wissen? Wer hat Zugang dazu? Wo wird der Zugang zu Wissen ausgebremst? Und worüber sprechen wir eigentlich, wenn wir von einer globalisierten Welt sprechen? Um darüber zu diskutieren, hat das Center for Advanced Studies von Eurac Research im Rahmen der Konferenz „Understanding Globalization“ wieder zahlreiche Expertinnen und Experten an das Forschungszentrum geladen.

alt© Eurac Research
Roland Benedikter, Tommaso Durante, Christoph Kircher, Kathleen Schlütter, Harald Pechlaner, Manfred Steger, Mirjam Gruber, Ingrid Kofler, James Mittelman, Zoe Krueger Weisel, Chiara Paris und Jennifer Altehenger

Wir kennen es aus dem Alltag: Wer etwas nicht weiß, befragt das Internet oder hat schnell Zugang zu den jeweils fachkundigen Expertinnen und Experten. Unsere Gesellschaft wird nicht umsonst auch Wissensgesellschaft oder Informationsgesellschaft genannt. Während einige von uns von einem leichteren Zugang zu globalen Bildungs- und Wissensquellen profitieren können, stehen andere vor digitalen, kulturellen oder politischen Barrieren, die ihren Zugang zu umfassender Information einschränken. Kathleen Schlütter, Expertin für Ungleichheiten und globale Wissensproduktion, beschäftigt sich intensiv mit dem Zugang zu wissenschaftlichem Wissen. Dabei beleuchtet sie auch die Vorurteile in der künstlichen Intelligenz. Von den weltweit etwa 7000 Sprachen sind nur 7 Prozent in veröffentlichtem Online-Material vertreten. Tatsächlich sind 98 Prozent der Webseiten in lediglich 12 Sprachen verfasst, wobei mehr als die Hälfte davon auf Englisch ist. Somit ist nur ein sehr kleiner Teil des globalen Wissens im Internet verfügbar. In vielen Teilen der Welt wird der globale Austausch von Wissen nicht nur vernachlässigt, sondern aktiv behindert, verzerrt oder sogar vollständig unterbunden.

Das Interview mit Kathleen Schlütter im Radioprogramm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks RAI Südtirol ist HIER nachzuhören.

Dass in der globalen Wissensproduktion noch immer eine stark angloamerikanische und eurozentristische Perspektive dominiere, betonte auch die Oxford-Professorin Jennifer Altehenger in ihrem Kurzvortrag zu „Global circuits of knowledge production in Modern China“. Ihr ging es vor allem um die Fragen: Wie erlangen wir Wissen? Was wollen wir wissen? Und was nicht? Viele Aspekte der Globalisierung würden aus einer rein ökonomischen Perspektive aus betrachtet. So etwa auch die Neue Seidenstraße. Dabei vergesse man, dass es auch dort um den Austausch von Wissen gehe. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit diesen speziellen Aspekten der Globalisierung sei von entscheidender Bedeutung, wie auch Harald Pechlaner und Roland Benedikter, Head und Co-Head des Center for Advanced Studies in ihrem Eröffnungsvortrag betonten.

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Eröffnung der Konferenz mit Harald Pechlaner und Roland Psenner© Eurac Research

Kathleen Schlütter, Research Fellow am Leipzig Research Centre Global Dynamics, Universität Leipzig© Eurac Research

Kathleen Schlütter, Research Fellow am Leipzig Research Centre Global Dynamics, Universität Leipzig© Eurac Research

Jennifer Altehenger, Professorin an der Faculty of History, Universität Oxford© Eurac Research

Publikumsdiskussion bei der Konferenz "Understanding Globalization"© Eurac Research

Keine Hinweise auf ein Ende der Globalisierung

Erneut zu Gast bei Eurac Research war der Globalisierungsforscher Manfred B. Steger. Er analysierte Globalisierung aus einer differenzierten Perspektive und schaffte zunächst einen theoretischen Rahmen. Differenzierung müsse fest in die Globalisierung integriert werden. Insbesondere der Begriff der „sozialen Symbiose“ könne für die Globalisierungstheorie herangezogen werden: So bezeichnet „Symbiose“ die Verbindung und Interaktion zwischen verschiedenen Globalisierungsformationen, wobei keine Formation ohne die andere existieren könne. Er hob ebenfalls hervor, dass es keine Hinweise auf eine Deglobalisierung – also ein Ende der Globalisierung – gebe und auch keine Hinweise auf eine stärkere Regionalisierung.

Ebenfalls einen theoretischen Zugang zu Globalisierung präsentierte der politische Philosoph Sebastiano Maffettone. Er sprach zu politischem Realismus, liberale Demokratien, über Pazifismus und die Möglichkeit eines gerechten Krieges, nämlich dann, wenn er der Verteidigung liberaler Demokratien diene. Auch der Ökonom Henning Vöpel schloss seinen Vortrag zu Wellen, Paradigmen und Narrativen der Globalisierung mit einem Ausblick zur Zukunft liberaler Demokratien. Sie seien mit einer massiven Vertrauenskrise konfrontiert, in der ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr darauf vertraue, dass die Demokratie den zahlreichen Krisen zugunsten der Bevölkerung beikommen könne. Um dieses Vertrauen zu erneuern, brauche es neue Narrative.

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Publikumsdiskussion bei der Konferenz "Understanding Globalization"© Eurac Research

Manfred Steger und Harald Pechlaner© Eurac Research

James H. Mittelman, Professor at the School of International Service, American University© Eurac Research

Publikumsdiskussion bei der Konferenz "Understanding Globalization"© Eurac Research

Zoe Krueger Weisel, Manfred Steger, Ingrid Kofler und Tommaso Durante© Eurac Research

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Diskussionsrunde mit Tommaso Durante, Jennifer Altehenger, Henning Vöpel und Roland Benedikter© Eurac Research

Henning Vöpel, Chairman of the Center for European Policy and Professor of Economics at the BSP Business and Law School© Eurac Research

Christoph Kircher, Soziologe am Center for Advanced Studies, Eurac Research© Eurac Research

Roland Benedikter, Co-Head am Center for Advanced Studies und UNESCO Chair in Interdisciplinary Anticipation and Global-Local Transformation, Eurac Research© Eurac Research

Eric Gianaroli und Helena Nerl© Eurac Research

Promoting new generations in Globalization studies

Der politische Ökonom James Mittelman stellte mögliche Szenarien zur Zukunft der Globalisierung vor: das liberale, das katastrophale und das hoffnungsvolle Szenario. Die Zukunft der Globalisierung sei aber vor allem ein Kampf der Ideen und ein Kampf der materiellen und sozialen Kräfte, betonte er. Wie nun eine Dekolonialisierung der Globalisierung gelingen könne? Dafür fand die Konferenz eine sehr pragmatische Antwort: nämlich könne man diese nur in Gang setzen, wenn weiße Männer in den Hintergrund treten und ihre Energie darauf verwenden würden, neue Generationen zu fördern, die nicht demselben Profil entsprächen wie sie selbst.

Teil der Konferenz war außerdem die Buchvorstellung der bei University of California Press erschienenen Publikation “Globalization – Past, Present, Future”. Zoe Krueger Weisel, Politologin am Center for Advanced Studies, moderierte ein Gespräch mit den Herausgebenden Manfred B. Steger und Ingrid Kofler sowie mit dem Globalisierungs- und Mediatisierungsforscher Tommaso Durante. Ebenfalls vorgestellt wurde das Journal New Global Studies (NGS, De Gruyter), welches in Zusammenarbeit mit den Forschenden am Center for Advanced Studies von Eurac Research herausgegeben wird. Christoph Kircher, Soziologe bei Eurac Research und Managing Editor gab einen Einblick in Ursprungsidee, thematische Ausrichtung und Publikationskriterien des peer-reviewed Journals.

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